Zum Wintersemester 1916/17 wechselte Elfriede Lohse-Wächtler allerdings gegen den Willen des Vaters bereits in die Grafikklasse Oskar Georg Erlers, in der nun das figürliche Zeichnen, Illustration, Schriftentwurf und druckgrafische Techniken ins Zentrum rückten. Damit erfolgte auch ihr Auszug aus der elterlichen Wohnung. Ein radikaler Schritt, der besonderen Mut erforderte und auch ein Umfeld, das sie darin bestärkte, war sie doch von da ab gezwungen, für ihren Lebensunterhalt selbst Sorge zu tragen.
Gemeinsam mit Londa von Berg, der späteren Ehefrau Conrad Felixmüllers, teilte sie sich ab Herbst 1916 ein Zimmer unweit der Kunstgewerbeschule und der Akademie. Voller Tatendrang stürzte sie sich nun in ihr neues selbständiges Leben, legte sich ein männliches Pseudonym zu und signierte ihr Werke fortan mit Nikolaus Wächtler. Und sie tanzte. In ihrer Begeisterung für den modernen Ausdruckstanz gehört sie einer ganzen Generation von jungen Frauen an, die über ihren Körper ein völlig neues künstlerisches Ausdrucksfeld für sich entdeckte, das nicht von Männern besetzt war. Als die damals erfolgreiche Solotänzerin Gertrud Leistikow (1885-1948) die Räume der Kunstgewerbeschule für ihre Tanzschule nutzte, gehörte Elfriede Lohse-Wächtler zu ihren ersten Schülerinnen und nahm an Tanzaufführungen teil. (Jacobien de Boer) 1917 erstellte sie gar eine druckgrafische Mappe mit Tanzstudien, die Leistikow einem bedeutenden Tanzkunstexperten der Zeit zum Abdruck anbot. Das offen „Exotistische“, das den modernen Tanz in dieser Zeit in Themenwahl und modischer Inszenierung prägte, fand in ihren Batikarbeiten ebenso sein Echo wie in der in kleinteilige Flächenornamente gebetteten Motivwelt ihrer handkolorierten Federlithografien, wie
Tod und Sünderin (1918)
und
Salome (1918). Diese entstanden nun vermehrt auch im Auftrag und bildeten neben den Batiken eine weitere Einnahmequelle.
Überdies gehörte sie einer äußerst lebendigen und aktiven Kunstszene um den umtriebigen, bereits erfolgreichen und nur wenig älteren Conrad Felixmüller an. In seinem Atelier, fußläufig bei ihr um die Ecke gelegen, veranstaltete er seit Herbst 1917 gemeinsam mit den Literaten Felix Stiemer und Walter Rheiner sogenannte „expressionistische Abende“. Hier wurde emphatisch Protest „gemalt, gemeißelt, geschrieben, geschrien“. (Heinar Schilling) In diesem Kreis fand Elfriede Lohse-Wächtler Freunde, sehnte wie diese das Ende des Krieges herbei, malte und zeichnete unermüdlich, dichtete und saß auch mal Modell wie ihr Bruder Hubert Wächtler erinnert.